Sonntag, 22. März 2020

To Crop or not to crop?

Cropping oder stärkeres Teleobjektiv?

Eines vorweg, eine leidenschaftlicher und kräftiger Fotograf (mit Jahresabo im Fitnessstudio) wird natürlich eine Nikon D850 mit einem AF-S 600mm f4 Objektiv verwenden oder zumindest das 500mm PF f5,6 und damit fantastische Aufnahmen machen. Sofern er es schafft, die schwere Fotoausrüstung als Handgepäck in den Flieger zu bekommen.
Mir schwebt aber ein anderer, etwas gemütlicherer Zugang zum Thema Reisen allgemein und zur Tierfotografie im Speziellen vor.

Was wäre, wenn drei Objektive samt Kamera einen Brennweitenbereich von 14-450 mm abdecken würden und das bei einem Gewicht von ca. 2500 Gramm? Und zur Not, wenn man mit 10 MP Auflösung zufrieden ist, auch noch 600mm erreichbar sind?
Mit immer steigenden MP-Zahlen bei den Kameras ist es natürlich auch möglich, das digitale Bild mehr auszuschneiden. Bei der D850 mit 45 MP sind das im DX Mode noch immer 20 MP, mehr als genug auch für Vergrößerungen jenseits der 1m Bildbreite! Ich habe zu Hause ein Bild von meiner D3 hängen (12MP), das auf Canvas im Format 100x60 cm vergrößert wurde und das schaut verdammt gut aus. Das hängt natürlich auch vom Material, dem Betrachtungsabstand und dem Motiv ab.
Nun habe ich ein paar Versuche im Studio gemacht, um herauszufinden, ob starkes Ausschneiden (croppen) gröbere Nachteile bringt. So habe ich mit der Nikon D750 und dem 80-400 AF-s @ 400mm den Teddy fotografiert und dann mit dem 70-300 AF-p auf der D850. Das Bild der D750 über das der D850 gelegt und verglichen (bei verschiedenen Blenden). Das Gleiche noch einmal mit dem 300 mm f4 PF samt 1,4x Telekonverter an der D750.
Die Ergebnisse sind nicht eindeutig, sondern „gemischt“. Bedenken wir einmal, wieviele Parameter wir eigentlich hier haben, die wir verändern können: Auflösung der Kamera (MP), Objektivwahl, Blende des Objektivs, außerhalb des Studios spielt auch die Verschlusszeit eine große Rolle, dann die Genauigkeit des Autofokus. Letzter Punkt wird oft vernachlässigt, aber es hat schon einen guten Grund, warum es bei vielen Nikon-Gehäusen die Möglichkeit der AF-Feinabstimmung gibt. Nur ist diese Funktion selbst mit Hilfsmitteln wie „Lens Align“ nur bei Fixoptiken brauchbar, eine Zoomoptik kann man eigentlich nicht kalibrieren, denn der Korrekturwert gilt ja über den ganzen Zoombereich! Und auch der beste AF hat eine Toleranz, daher kann es bei 10x Scharfstellen auf das gleiche Motiv durchaus zu Abweichungen kommen. Je extremer der Telebereich wird, desto kleiner ist die Schärfentiefe, desto geringer sollten diese Toleranzen sein.
Und deshalb die „gemischten“ Ergebnisse, die mir aber schon auch gezeigt haben, dass Croppen an der D850 mit dem 70-300 Objektiv gleichwertige Ergebnisse liefern kann wie das 80-400 an der D750, oder das 300 PF mit 1,4x Konverter.
Es geht hier auch um die Frage günstiges Gehäuse + teures (und schweres Teleobjektiv) oder teures Gehäuse und günstiges Objektiv? Diese Frage bekommt mit der Nikon Z Serie neuen Schwung, denn hier sind die Gehäuse im Gewicht ident (Z6 zu Z7). Auch das 24-70 f4 S Objektive ist sehr gut, leichter, aber auch lichtschwächer. Was allerdings bei der fantastischen ISO-performance ehrlich gesagt kaum mehr ins Gewicht fällt. Und der EVF ist ja immer schön hell und rauschfrei, solange man nicht die schwarze Katze im Kohlekeller fotografieren will.

Nikon D850, 300 mm f4 Pf mit 1,4x Telekonverter, 1/400s f7,1. Iso 160, Ausschnitt auf 6MP
kämpfende Graureiher oder Fischreiher (Ardea cinerea), Salzlagunen bei Comacchio, Italien


Also 14-30 S f4, 24-70 S f4 und das AF-P 70-300 samt FTZ Adapter auf der Z 7 ergeben dann eine Ausrüstung, die mit einer fantastischen Auflösung aufwarten kann, tragbar und kompakt ist und, wenn man croppt, bis hin zu 500mm gute Ergebnisse erzielen kann. Allerdings ist das auch eine ziemlich teure Variante.
Deutlich billiger geht das mit einer DX-Kamera. Allerdings muss man hier Abstriche bei der Qualität/Lichtstärke der Weitwinkel Objektive machen, der Sucher ist kleiner und die Genauigkeit des AF ist ein Thema (siehe AF-Feinabstimmung).
Als günstigere und leichtere Ausrüstung wäre hier das Nikon 10-20 AF-P 4,5-5,6, das 16-80 AF-s 2,8-4 und das AF-P 70-300 4,5-5,6 zu nennen. Man kann noch das 35mm f1,8 und das sehr gute 85mm f3,5 Micro Nikkor dazutun (+570 gr.) und hat dann eine extrem vielseitige Ausrüstung. Das Gehäuse kann eine D5600 sein oder eine D7500 für die, die mehr auf Speed Wert legen. Wobei ich empfehlen würde, auch eine (gebrauchte) D7200 in Erwägung zu ziehen, die hat ebenfalls einen eingebauten Blitz, der auch als Master für weitere Blitze funktioniert und einen zweiten SD Kartenslot. Über die Notwendigkeit eines Backups in der Kamera, wird ja heiß diskutiert. Allerdings sind mir Kartendefekte in den letzten 10 Jahren nicht passiert. Gibt es ein Problem mit der Kamera, dann sind beide SD Karten betroffen. Die Kamera im Fluss versenkt, hilft der zweite Slot auch nichts.  Bei längeren Trekkingtouren in der Wildniss kann man allerdings so ein tägliches Backup auf die 2. SD-Karte machen. Da kann man auch kleinere (16-32 GB) Karten nehmen, die man jeden Tag wechselt und an einem anderen Platz als der Fototasche aufbewahrt.
Mit der D7500 kommt man dann auf ca. 2200gr, also 300gr weniger als die Ausrüstung mit der Z 6/7 wiegen würde. Nicht viel, allerdings der Preisunterschied ist doch massiv und wenn man bei der Z-Serie ein lichtstarkes 50er und ein Makro dazunimmt, dann wird der Gewichtsunterschied auch wieder deutlicher.
So gut die Ausrüstung mit der Z7 wäre, es hat natürlich nicht nur Vorteile, das Neueste und Teure sein eigen zu nennen. Ca 5000.-€ an Neuwert durch die Welt zu tragen, ist vielleicht nicht jedermanns Sache. In unserem Fall das Ganze mal zwei gerechnet.
Wer aber allein unterwegs ist, sollte ja auch an eine Backup-Kamera denken, das kann ja auch eine Sony RX-100 sein oder eine unterwassertaugliche Kompaktkamera. Denn sich auf einer längeren Reise nur auf ein Gehäuse zu verlassen, ist nicht so gut.
In der Tierfotografie kommt noch dazu, dass man mit einem Gehäuse öfter Objektive wechseln muss, da man zwischendurch auch Landschaften fotografieren will, da sind dann zwei Gehäuse auf einmal ungemein praktisch.

Wehranlage bei den Myrafällen, Nikon Z 7, 24-70 S f4 Objektiv bei 70 mm 10 s, f8, Iso 64, Graufilter, Stativ