Montag, 22. Juni 2020

15 mm f2 Laowa Dreamer, die Optik ist eine Diva!

Mit "Diva" meine ich weniger den Begriff aus der Antike für "göttlich" sondern mehr den Begriff wie er auch im Duden als weitere Bedeutung erklärt wird: „jemand, der durch besondere Empfindlichkeit, durch exzentrische Allüren o. Ä. auffällt"
Die Testberichte für diese Optik sind ja durchwegs Positiv und da es für das Nikon Z System noch nicht so viel Auswahl im Weitwinkelbereich gibt, ist dies eine interessante Alternative zum 14-30 mm S f4 Zoom, oder dem 14-24 mm f2,8 AF-S f2,8 Zoom (mit FTZ-Adapter).
In einem früheren Artikel habe ich mich schon mit dem 14-30 mm S f4 Objektiv befasst: https://blitzchris.blogspot.com/2020/03/mein-eindruck-vom-weitwinkelzoom-14-30.html . 

links das 14-24 absichtlich mit dem FTZ Adapter für einen realistischen Größenvergleich an der Nikon Z

Nun habe ich noch vor den Ausgeh- und Arbeitsbeschränkungen durch das Coronavirus die Laowa Optik bei Foto Koch in Deutschland bestellt, weil leider kein Händler in Österreich diese lagernd hatte. Ein bißchen Bauchweh hatte ich schon, denn beim Versenden des Objektivs waren dann bei uns schon die Beschränkungen aktiv. Aber hier auf dem Land war es zum Glück kein Problem, dass das Paket vor die Tür gelegt wurde (was verständlich ist, denn jeder Kundenkontakt ist tunlichst zu vermeiden). 
Immerhin ist dass ein 1000.-€ Objektiv, also nicht gerade ein Schnäppchen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass dieses Objektiv komplett Manuell ist. Daher keine elektronischen Kontakte aufweist, also auch keine Blendeninformation übertragen wird. Natürlich hat dieses Objektiv auch keinen Autofokus. Andererseits ist es mit ca. 600 Gramm (inkl. Sonnenblende, Front- und Rückdeckel) noch recht leicht, hat eine hohe Lichtstärke mit f2,0 und nur einen Filterdurchmesser von 72 mm (das 14-30 hat zum Vergleich 82 mm, dass 20 mm AF-s f1,8 hat 77 mm). Auch ist die Naheinstellgrenze mit 15 cm ungewöhnlich gut.
Zum Glück funktioniert die Belichtungsmessung an der Z7 und Z6 auch mit manuellen Objektiven. Ich verwende auch einen einfachen Adapter für meine Ai-S Objektive, wie dem 35 mm f2,0. Und nicht nur die Belichtungsmessung, samt Automatikmodi (A, S), sind verwendbar, sondern auch der Senosor basierte Bildstabilisator (IBIS)!
Durch die Fokussierhilfe mittels Konturfilter und 100% Ansicht im Sucher ist die manuelle Scharfstellung auch sehr gut und sehr genau möglich.

Handhabung:
Das Objektiv samt Sonnenblende scheint komplett aus Metall zu bestehen. Die kompakten Maße passen gut zur Z Serie. Der rote Punkt für das richtige Ansetzen des Objektivs an das Gehäuse ist recht klein und daher schlecht zu sehen. Der "Click" Schieber wird Videofilmer freuen, man kann dadurch die Blende stufenlos verstellen. Da er direkt am Blendenring liegt, kann man ihn aber auch versehentlich verstellen. Die Rastung des Blendenrings ist nicht zu streng, aber auch nicht zu weich und geht von f2,0 bis f22. Die Entfernungseinstellung ist angenehm weich mit genug Wiederstand. Von Unendlich bis 0,15m ist der Drehwinkel 120 Grad. Das ist insofern zu wenig, als zwischen Unendlich und 1m nur ca 3mm liegen. Vor der Sonnenblende ist ein roter Punkt der die "entrance pupil" bezeichnet, der ist wichtig für die Panoramafotografie. Die Sonnenblende hat keine Rastung, daher man kann sie leicht verdrehen und bekommt dann Abschattungen. Filtergewinde ist 72 mm. Die Box kommt mit einem einfachen Plastikbeutel, Bedienungsanleitung, Front- und Rückdeckel samt Sonnenblende sind auch dabei.

Filter auf dem 14-24 sind umständlich zu montieren und riesig, am Laowa ist ein 77er Filter und am 14-30 ein 86er (eine Nummer größer schadet nicht nur bei der Hose....)

Schärfe:
Hier kommt der Begriff "Diva" zum Tragen. Denn das Objektiv hat eine sehr gute Schärfe zentral ab f2,8, f2,0 ist über den ganzen Bildbereich flau. Das Objektiv wird beworben als "fast verzeichnungsfrei", daher gerade Linien werden auch als solche abgebildet. Das ist soweit richtig, aber dieses Obejktiv weist dafür eine starke Bildfeldwölbung auf, ähnlich dem 14-24 f2,8 AF-s Objektiv.
Vereinfacht gesagt, wenn man auf eine Häuserzeile in 50m Entfernung scharfstellt, dann sind die Häuser im mittleren Bereich scharf, in den Ecken liegt die Schärfe aber bei 20m. Um nun eine möglichst gleichmäßige Schärfe der Häuserzeile zu erreichen, kann man auf ein dahinterliegendes Objekt in 80m Entfernung fokussieren. Dadurch wird der mittlere Bereich zwar ein klein wenig unschärfer, der Randbereich aber deutlich besser! 


Diese Problematik ist mit den hochauflösenden Sensoren mit 45 MP und mehr, viel deutlicher zu sehen. Hier spielt auch noch ein zweiter Fachbegriff eine wichtige Rolle, die der Beugungsunschärfe. Je kleiner die Pixel auf einem Sensor und je kleiner die Blende, desto mehr Beugungsunschärfe gibt es. Bei einem 45 MP Vollformatsensor wie der Nikon Z 7 beginnt dies theoretisch schon bei f5,6, merkbar wird es ab f8. Daher f11 ist eigentlich eine Blende, die man schon vermeiden sollte. Also mit 14 mm auf ein Objekt zu fokussieren, auf Blende 11 abzublenden und "alles wird gut" ist eine Illusion, die mit der D3 noch ganz gut geklappt hat, mit der D850 oder Z 7 aber nicht mehr geht.
Die Bildfeldwölbung ist also je nach Motiv ein Vor- oder ein Nachteil. Wenn ich eine Häuserzeile wie auf meinem Testbild wirklich perfekt abbilden wollte, dann ist ein starkes Weitwinkel gar nicht die beste Wahl, ein zusammengesetztes Panorama könnte hier viel besser sein. Starke Weitwinkel setze ich viel bei Architekturaufnahmen ein, hier vor allem in Innenräumen, oder bei Landschaftsaufnahmen mit einem interessanten Vordergrund. Wo so ein lichtstarkes Weitwinkel auch gut passen würde, wäre in der Astrofotografie, aber dazu später.
Das Vorangesagte erklärt zum Beispiel auch, warum dass 14-30 S f4 Objektiv bei manchen Vergleichstest besser abschneidet, als dass 14-24 AF-s f2,8. Das Z Objektiv hat zwar recht starke Verzeichnungen, aber wenig Bildfeldwölbung, daher man kann mit dem Autofokus auf die Mitte scharf stellen und bekommt ein recht gutes Ergebnis bis in die Ecken. Obwohl das 14-30 in den Ecken seine Schwächen hat. Wenn man dass beim 14-24 macht, werden die Ecken schlechter sein, auch bei f8! Aber korrigiert man den Fokuspunkt manuell nach hinten, dann schaut dass für das 14-24 wieder besser aus

Sonnensterne/Gegenlicht:
Sonnensterne sind schon bei f5,6 gut ausgeprägt und zeigen 10 Strahlen. Mir persönlich gefallen sie gut.



Linsenreflexionen (lens flare) sind möglich, aber bei Gegenlicht oder Streulicht zeigt sich das Objektiv doch recht gutmütig. Deutlich besser als das 14-24!



Zur Astro-Fotografie gibt es eine eigene Seite:

Das Laowa 15 mm Objektiv ist sehr gut für die IR Fotografie geeignet, die manuelle Scharfstellung ist hier ein großer Vorteil!
Genaueres in einem eigenen Artikel:

Infrarot Fotografie mit Nikon Kameras


Nikon Z7, 200 Iso 6 sec, Laowa 15 mm f5,6 mit Hoya R72 Filter, Stativ

Fazit:
Ein gutes Objektiv mit Stärken und Schwächen. Für ein rein manuelles Objektiv finde ich es aber etwas zu teuer.